Ich gebe zu, dieser Titel mag etwas verwirrend klingen und genau deshalb solltest Du nun auch weiter lesen um zu erfahren, was ich damit meine.
Wenn wir einen gewissen Outcome haben wollen, sei das jetzt im Training oder in einem anderen Bereich, benötigen wir einen Mechanismus, welcher in diesem Outcome resultiert.
Um diesen Mechanismus auszulösen, gibt es Dinge die auf jeden Fall, zu 100% nötig sind.
Diese Dinge sind auch immer ausreichend um den gewünschten Outcome auszulösen.
Es gibt aber auch Dinge, welche ausreichend sind, jedoch nicht unbedingt nötig, um zum gewünschten Ergebnis zu führen.
Bevor sich jetzt noch mehr Verwirrung in Deinem Schädel anhäuft, erkläre ich Dir das Ganze an dem oben genannten Praxisbeispiel und gehe danach etwas näher darauf ein, warum das so ist.
Um Hypertrophie auszulösen benötigen wir ein hohes Ausmass an mechanischer Spannung auf den Muskelfasern die wir zum wachsen bringen wollen.
Diese mechanische Spannung ist unbedingt nötig – ohne sie, kein Wachstum.
Um eine ausreichende Spannung auf die Fasern zu bringen und somit einen Wachstumsreiz auszulösen ist es nötig, dass grosse motorische Einheiten rekrutiert werden und eine langsame Kontraktionsgeschwindigkeit vorhanden ist – etwas was bei echtem Muskelversagen zu 100% garantiert ist.
Also ist Muskelversagen ausreichend. Es ist aber nicht nötig.
Denn dieser Mechanismus tritt auch schon vor dem Muskelversagen ein, nur wie ist das messbar?
Wie stellen wir sicher, dass genügend mechanische Spannung auf die Zielmuskulatur gelangt um einen effektiven Wachstumsreiz zu setzen auch wenn wir nicht zum Versagen gehen?
Dafür tauchen wir etwas tiefer in die Materie ein.
Mechanische Spannung ist eine Kombination aus intramuskulärer Kraftproduktion, externen Zugkräften (die externe Last welche wir bewegen) und der Akkumulation von Ermüdung.
Wenn einer dieser Faktoren ansteigt, steigt auch die mechanische Spannung auf den betroffenen Fasern an.
In der Praxis bedeutet das Folgendes:
Die mechanische Spannung kann objektiv gemessen werden wenn:
- genügend periphere Ermüdung (in der Muskulatur, nicht zentral) angehäuft wird
- das volle Spektrum an (grossen) motorischen Einheiten rekrutiert wird
- eine ungewollte Verlangsamung der Kontraktionsgeschwindigkeit eintrifft (Deine Reps werden langsamer, weil das verdammte Gewicht echt schwer zu bewegen wird)
- momentäres Muskelversagen eintritt (wie gesagt, nicht zu 100% nötig)
- ein akkurates Level der Ausführung vorhanden bleibt
Da wir natürlich keine Einsicht in den Muskel und das Nervensystem haben und nicht sehen können ob nun alle motorischen Einheiten in die Party einsteigen, würde ich gerne den dritten Punkt in Kombination mit dem Letzten beleuchten und folgendermassen zusammenfassen:
Deine letzte Rep sollte ausschauen wie die Erste, nur langsamer.
Sobald diese “langsamen Reps” da sind und die Ausführung akkurat bleibt, akkumulieren wir also “effektive” Reps, auch ohne zum Versagen zu gehen – entscheidend sind die Rekrutierung der grossen motorischen Einheiten und die langsame Kontraktionsgeschwindigkeit.
Spätestens jetzt solltest Du auch den Titel dieses Beitrags verstehen.
Auch wenn Muskelversagen nicht zu 100% nötig ist, weil diese Dinge auch schon kurz davor (ab ⁓5 Reps vor dem Muskelversagen) eintreten, ist es ein verdammt guter Indikator dafür, dass genau diese Mechanismen getriggert wurden.
Muskelversagen hat in gewissen Szenarien auch seine Downsides, gerade bei Übungen wo die Gefahr für einen Technik Breakdown, je näher man dem Muskelversagen kommt, vorhanden ist und enorm viel Stabilisation erfordert wird.
Jedoch hat es meiner Meinung nach nur Vorteile, wenn man Übungen die in “sicherem Environment” bis zum Muskelversagen trainiert werden können, auch dahingehend trainiert.
Setze Muskelversagen gekonnt ein – es geht nicht darum so hart wie möglich abzufälschen und das Gewicht von A nach B zu bewegen. Es geht darum so akkurat wie möglich die Zielmuskulatur vollständig zu ermüden.
Be smart. Get serious. Get better.