Stress wird immer mit negativen Dingen in Verbindung gebracht. Jedoch kann man das so nicht pauschalisieren, da extrem viele Faktoren Stress für unser System bedeuten.
Ein langer Arbeitstag ist Stress.
Unzureichender Schlaf ist Stress.
Ein Kaloriendefizit ist Stress.
Training ist Stress.
Stress ist Stress.
Stress ist basically gegeben, sobald wir das innere Gleichgewicht (aka Homöostase) durcheinander bringen und kann folgendermassen definiert werden:
“Ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen und den persönlichen Fähigkeiten diese Anforderungen zu meistern”.
Somit ist es zu einem grossen Teil von uns selbst (Fähigkeit) und ob wir uns etwas zutrauen abhängig, andererseits aber auch von der gegebenen Situation (Anforderung).
Stressoren sind somit die einzelnen Störgrössen, welche unser physisches oder psychisches Gleichgewicht in irgendeiner Form gefährden.
Aus diesem Gleichgewicht zu kommen ist einerseits unvermeidbar, wenn wir zum Beispiel Muskeln aufbauen wollen, andererseits in vielen anderen Situationen zu vermindern, da eine längerfristige Sympathikus- Dominanz gesundheitsschädigend ist.
Die physische Stressreaktion mit welcher unser Körper auf die genannten Störgrössen reagiert, ist unterschiedlich. Kurzfristige Stressreaktionen werden über die Sympathikus-Nebennierenmark-Achse gesteuert, wobei langfristige Stressreaktionen über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse ablaufen.
Du verstehst nur Bahnhof? Dann lass uns das autonome Nervensystem etwas genauer betrachten, damit Du Dir bewusst bist was überhaupt abläuft.
Unser autonomes Nervensystem bewältigt alle Abläufe, welche nicht unserer Willkür unterworfen sind (was aber nicht heisst, dass wir keinen Einfluss darauf haben, dazu später mehr).
Es wird funktionell in zwei Teile unterteilt: den Sympathikus und den Parasympathikus.
Der heutige, moderne Mensch funktioniert immer noch sehr ähnlich wie der Steinzeitmensch, daher möchte ich Dir anhand eines Beispiels zeigen, wie diese beiden Teile des autonomen Nervensystems funktionieren.
Der Sympathikus wird auch als “Fight or flight” Branch bezeichnet und ist genau darauf ausgelegt – er bereitet unsere Körpersysteme darauf vor zu kämpfen oder zu flüchten und stellt somit alle Regler die dafür nötig sind.
Der Parasympathikus hingegen wird auch “Rest and digest” Branch genannt, primet unseren Körper auf Regeneration und stellt sicher, dass wir optimal verdauen.
Der Sympathikus ist somit dafür verantwortlich unsere Herzfrequenz zu erhöhen, den Blutdruck anzuheben und den Blutfluss zur Muskulatur anzukurbeln während er den Blutfluss zu unseren Verdauungsorganen und die GI Motilität hemmt.
Der Parasympathikus bewirkt das genaue Gegenteil und bringt den Körper wieder ins innere Gleichgewicht – etwas dass wir ausserhalb vom Training wollen.
Du verstehst immer noch nicht genau was das zu bedeuten hat und fragst Dich, warum ich Dir das überhaupt erzähle? Dann lies weiter.
Die Aktivität des Sympathikus wird zwingend benötigt um zu überleben und um zu adaptieren.
Das “Problem” unseres Nervensystems ist, dass es nicht unterscheiden kann, ob wir nun von einem Löwen angegriffen werden, wir im Training Gas geben oder ob wir uns selbst unter Druck setzen, da wir in zwei Wochen eine Klausur schreiben.
Das ist ein Problem, denn wenn wir unsere Recovery bestmöglich unterstützen wollen, ist es unvermeidbar immer wieder zur Homöostase zurückzukehren.
Das Training ist die einzige Situation in welcher wir den Sympathikus “aktivieren” wollen und in welcher Stress “gut” ist. Dass wir jegliche Stressoren ausserhalb des Trainings vermeiden können, ist für die Meisten natürlich unrealistisch.
Deswegen ist es wichtig, sich diesen Mechanismen bewusst zu sein. Du hast eine stressige Arbeitswoche und recoverst nicht so gut wie sonst? Nun weisst Du vermutlich den Grund dafür.
Stressmanagement sollte immer eine hohe Priorität geniessen. In einem zweiten Teil, werde ich etwas mehr auf die Praxis eingehen und den Zusammenhang zwischen Volumen/Intensität und einem Kaloriendefizit etwas genauer unter die Lupe nehmen und darauf eingehen warum es eher suboptimal ist, sein Volumen im Verlaufe einer Diät zu erhöhen.
Um das Ganze aber für heute abzuschliessen, hier nochmals eine kleine Conclusion:
Wir überleben durch den Sympathikus und wir gedeihen durch den Parasympathikus.
Das Training sollte wenn möglich die einzige Sympathikus-dominante Situation sein. Stress ist der Stimulus für Adaption, wie effektiv dieser Stress gemanagt wird entscheidet darüber ob die Anpassung positiv oder negativ ist.
Kurzfristiger Stress ist nötig, langfristiger und chronischer Stress sollte aber vermieden werden.
Auch wenn das autonome Nervensystem nicht willkürlich steuerbar ist, haben unsere Handlungen Einfluss darauf und Du selbst bist dafür verantwortlich, wie gut Du Deine Stressoren managst.